Samstag, 2. September 2017

Antworten für Quereinsteiger-Neulinge

Wir haben an der Schule dieses Jahr auch wieder eine Quereinsteigerin. Da diese schon am ersten Tag mit vielen Fragen kam, werde ich hier versuchen zusammenzutragen was das alles heißt und wie es funktioniert (in der Grundschule).

1. Nicht alles was man im Seminar lernt wird auch so in der Schule angewendet. Macht euch nicht unbeliebt und diskutiert, sondern passt euch an - im Seminar freundlich lächeln und in der Schule es so handhaben wie dort üblich. Da ihr festangestellt seid, könnt ihr nach dem Ref immer noch Verbesserungsvorschläge versuchen durchzukämpfen. Momentan werdet ihr da in den meisten Fällen nicht auf offene Ohren stoßen.

2. Apropos anpassen: Die Seminare werden von unterschiedlichen Menschen geführt. Trotz jedweder Beteuerung, das ihr euren eigenen Stil entwickeln sollt, sagt meine Erfahrung ganz, ganz deutlich: NEIN! Die Leute, die das versucht haben sind bei fast allen Seminarleitern damit auf die Nase gefallen. Jeder Seminarleiter hat seine eigenen Vorstellungen, wie ein Unterrichtsentwurf auszusehen hat, welche und wie viele Phasen wie lange dauern müssen, ob die Kinder kreativ frei laufen sollen oder lieber geordnet und leise. Macht euch wirklich das Leben leicht und versucht nicht gegen das eingefahrene System zu kämpfen. Ihr werdet relativ schnell den Stil des jeweiligen Seminarleiter kennenlernen. Interessanterweise leben alle (Haupt- und Fachseminarleiter) - die ich kennengelernt habe, oder von denen ich gehört habe - nicht das was sie predigen: Transparenz, Freiraum zur Entwicklung, allen die gleichen Chancen geben, das Individuum durch Differenzierung in Wertung und Aufgabe fördern etc. Alle wollten sie ihr Schema F und wenn jemand dagegen argumentiert hat sind sie zickig geworden und derjenige hatte danach Schwierigkeiten mit den Seminarleitern. Ich habe es mehrfach miterlebt. Lieber für die 1,5 Jahre den Kopf einziehen, man hat es schon schwer genug...

3. Ihr müsst eure Prüfung in 2 Fächern von den 3 Fächern machen. Ihr dürft wählen in welchen und könnt das noch bis kurz vor der Prüfung entscheiden. Ein Fach wird in den Klassenstufen 1-3 geprüft und das zweite Fach in 4-6. Das ist ein Muss. Entsprechend solltet ihr schon von Anfang an Erfahrung in den Klassenstufen sammeln, denn es gibt deutliche Unterschiede im Umgang mit den Kindern in den Altersklassen.

4. Stundenplan: versucht schon möglichst viel eigenständigen Unterricht zu führen. Ja es ist schwer am Anfang, aber die Erfahrung ist Gold wert in der Prüfung!

5. Stundenplan: Es gibt Stunden, die mit I oder T gekennzeichnet sind. T sind Teilungsstunden, da kann der Fachlehrer bei dem ihr eingeteilt seid entweder die Klasse trennen und euch die Hälfte mitschicken oder ihr seid zu zweit etc. I Stunden sind sogenannte Intergrationsstunden, die sind für Kinder mit Förderstatus. Da wird diesen Kindern jemand zur Seite gestellt, der Ihnen helfen soll.
Leider haben an meiner Schule - und bei anderen Bekannten von mir an den Schulen - diese Stunden zu 80 - 90% nicht stattgefunden. Da dies sogenannte Doppelsteckungen sind (2 Lehrer pro Klasse) werden die Stunden gerne für Vertretungen in anderen Klassen genutzt in denen jemand fehlt.
Leider erscheint das auf den Statistiken für durchgeführten Unterricht nicht, wodurch es erscheint, als wäre der Unterricht gut abgedeckt. Das durch das Fehlen dieser Stunden besonders die Kinder mit Förderstatus oder Problemen beim Lernen wirklich unglaublich viel Hilfe verlieren und entsprechend noch stärker im Vergleich zurückbleiben wird nicht gewertet.

6. Noch zu T/I-Stunden: wenn ihr da ständig vertreten müsst, solltet ihr darauf achten, dass ihr genug Zeit in den Klassen und Fächern verbringt in denen ihr geprüft werden könntet. Ich hatte zum Beispiel eine Stunde in den unteren Klassen im Fach Deutsch und die fiel häufig durch Vertretungen weg. Entsprechend konnte ich nicht gut mit der Klasse umgehen und hatte keine Erfahrung in dem Fach zu unterrichten...

7. Ihr habt einen Angestellten-Tag pro Jahr. Den dürft ihr theoretisch frei wählen aber ihr müsst das mit der Schulleitung absprechen.

8. Fragt Fragen. Ihr werdet ganz schnell herausfinden, wen man fragen kann und wen nicht.

9. Lehrer bemitleiden sich selbst unglaublich gerne, aber sehr ungerne bemitleiden sie andere. Bekommt ihr eine schwierige Klasse und teilt dies Kollegen mit, werdet ihr häufig die Antworten: "So schlimm sind sie nicht...", "Meine sind auch schlimm...", "Ich habe keine Probleme mit denen..." etc. hören. Glaubt mir, wenn dieselben Lehrer in die entsprechende Klasse gehen, würden sie das auch nicht erfreulich finden.

10. Im Kollegium wird gelästert und nicht alles stimmt so wie es erzählt wird... Macht euch immer ein eigenes Bild.

11. Rechtlich gesehen, darf die Schule euch bis zu 3 Unterrichtsstunden im Monat unbezahlt als Vertretung heranziehen. Allerdings gilt für Angestellte: "Im Unterschied zu den teilzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten müssen angestellte Lehrkräfte in Teilzeitbeschäftigung keine unbezahlte Mehrarbeit leisten, solange Ihr Beschäftigungsumfang im jeweiligen Kalendermonat – einschließlich der Mehrarbeit - die Vollbeschäftigung nicht überschreitet." Wer also nur 2 Stunden reduziert hat, darf auch als Angestellter nur 2 Stunden unbezahlt eingesetzt werden.

12. Es wird viel Mehrarbeit auf euch zukommen (unter anderen auch am Wochenende): Konferenzen, Versammlungen, Feste, Elternkontakte etc. Leider wird das erwartet und soweit ich weiß ist das auch verpflichtend...

13. Wer Teilzeit arbeitet und auf eine Klassenfahrt mitfährt (das ist übrigens freiwillig und keiner kann euch rechtlich zwingen mitzufahren), sollte bei der Schulleitung nachfragen, wie das mit der Bezahlung ist. Teilzeitkräfte können während der Klassenfahrt als Vollzeitkräfte bezahlt werden...

14. Pausenaufsichten: Muss jeder machen. bei uns machen Teilzeitkräfte und Referendare weniger als Vollzeitkräfte. Fragt nach.

15. Leider seid ihr als Quereinsteiger vollangestellt und habt entsprechend keine Ansprüche auf bestimmte Dinge, die die "echten" Referendare haben (Vertretungen, Einsätze als Klassenlehrer etc.)
Aber fragt bei bestimmten Dingen euren Schulleiter oder die GEW.

16. Apropos GEW, ihr solltet euch ganz dringend einer Gewerkschaft anschließen. Das macht schon rein von der Gehaltspolitik des Senats Sinn, denn der macht zum Teil ziemlich miese Dinge weil er kann. In der GEW Mitgliedschaft ist eine Rechtsberatung  für berufliche Dinge enthalten.

Mehr fällt mir spontan nicht ein, aber wenn ihr Fragen habt, bitte gerne schicken, dann kann ich das ergänzen!

4 Kommentare:

  1. Hallihallo. Vielen Dank für Deinen hilfreichen Blog! Ich bin begeistert. Ich würde gerne von Dir wissen, ob Dir Mathe als Zweitfach anerkannt wurde und welche Fächer Du hierfür angegeben hast? Bei mir wird NaWi problemslos anerkannt, bei Mathe bin ich mir noch unsicher. Liebe Grüße!

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    1. Mir ist 2015 alles anerkannt worden (Ma, NaWi, De). Die Regeln für Quereinsteiger wurden aber seitdem geändert. Um ehrlich zu sein, das mit dem Nachstudieren hab ich nicht wirklich verstanden. Einige müssen nachstudieren, andere nicht. Ich hatte damals im NaWi-Seminar 2 neue Quereinsteigerinnen. Beide Bio studiert, die eine spricht fließend deutsch und muss Deutsch nachstudieren, die andere gebrochen Deutsch und muss es nicht nachstudieren... Ich habe keine Ahnung wie sie das mit Mathe halten. Aber da gab es doch Angaben, wieviele SWS du gehabt haben musst. Ich möchte doch denken, wenn du die SWS für Mathe zusammen hast, sollte es kein Problem sein?

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  2. Habe sehr gern hier auf der gutgemachten Seite rumgelesen. Vielen Dank, dass Du Deine Erfahrungen dieserart teilst! Ich mache gerade in Nds. Quereinstieg und mein berufsbegleitendes Seminar beginnt nach den Ferien. Muss dazu sagen, dass ich schon seit 2,5 Jahren an der Schule (Brennpunkt) bin und vorher in der Erwachsenenbildung freiberuflich war. Habe 20 Wochenstunden und bin - weil ich selbst noch 2 Kinder habe und mein Mann den ganzen Tag weg ist - jetzt schon am Anschlag. Mir werden 5 Wochenstunden fürs Seminar angerechnet und 15 habe ich dann noch an der Schule. Jetzt überlege ich, mind. 3 Stunden zu reduzieren, weil ich auch Fahrtwege haben werde. Habe Angst vorm Gespräch mit dem SL, und erst recht vorm Weg durch die Behörde. Gibt es irgendeinen Tip? Oder übertreibe ich maßlos? Offenbar hast Du auch nochmal Stunden reduziert. Wie verlief das?

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    1. In Berlin hatte mir eine Mitquereinsteigerin gesagt, dass Quereinsteiger noch im Nachhinein reduzieren dürfen. Normalerweise geht das nur immer zum nächsten Halbjahr.

      Ich habe meinen SL angesprochen. Der meinte, er muss beim Amt nachfragen. Ging wohl in Ordnung, denn er hat meinem Wunsch stattgegeben. Allerdings habe ich im Ref auch nur 2 Stunden reduziert, also auf 26h (in Berlin ist "Vollzeit" im Quereinstieg 19h an der Schule, 9h Seminare).
      Und reduzieren kann man in Berlin im Ref maximal um 6h, das wären also noch 22h (inklusive 9h Seminar).

      Mir ist nicht ganz klar, wie du rechnest. In Niedersachsen sind ja auch 28h Vollzeit. Du hast also schon um 8h reduziert? Das ist in Berlin gar nicht möglich. Man muss ja eine bestimmte Stundenzahl unterrichten und Unterrichtsbesuche absolvieren, um seinen Abschluss zu bekommen.

      Ich kenne mich in Niedersachsen nicht aus, entsprechend würde ich dir raten erstmal bei deinen Mitstreitern zu hören, was möglich ist. Manchmal ist da jemand dabei, der aus irgendeinem Grund sich auskennt.
      Dann würde ich deinen Hauptseminarleiter anzusprechen, denn der müßte wissen, was möglich ist und sollte dich unterstützen. Aber letztendlich ist in Niedersachsen wahrscheinlich auch ausschlaggebend was dein Schulleiter dazu sagt.
      Oh, und meine Schwester (in Niedersachsen Lehrerin) hat mir mal erzählt, dass ihr immer einen Personalratzuständigen an den Schulen habt. Denn könntest du auch fragen.

      Und die Angst kenne ich auch, aber um gesund zu bleiben, muss man lernen die abzulegen. Denn (ist zumindest an meiner Schule so), wenn die SL merkt, du lässt alles mit dir machen, dann machen sie das auch. Ist nicht so leicht, aber man wächst auch daran.

      Ich bin momentan übrigens wieder dabei mich anderweitig im alten Beruf zu bewerben, da mir nicht gefällt, wie sich das Lehrerdasein entwickelt. Ich hatte gehofft nach dem Ref wirds leichter, aber es ist noch anstrengender geworden... Und in den 3 Jahren, in denen ich dabei bin, hat sich schon soviel zum Negativen geändert, das ich so auf Dauer nicht weitermachen möchte.

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