Dienstag, 30. August 2016

Quereinstieg Lehramt: 1 Jahr - Bilanz

Ein Jahr ist vergangen, seitdem ich den Quereinstieg gewagt habe.

Kurze Infos, die ich so noch nicht gegeben hatte:

Die Seminare werden einem zugeteilt. Wenn man Pech hast muss man zu jedem Seminar durch die halbe Stadt fahren. Ich habe tierisches Glück gehabt, das meine Seminare alle nahebei sind und ich nicht zwischendurch vom einen ins andere reisen muss. Geht aber leider vielen so. Berlin hat nicht genug Seminarleiter, darum werden einige auch in Seminare in ganz andere Bezirke gesteckt (eine muss komplett von Norden nach Süden, was in Berlin durchaus lange dauern kann…). Die Hauptseminarleiter sollten versuchen das zu verhindern, soweit möglich.
Die Seminarleiter sind sehr verschieden und wenn man mit einem nicht klarkommt, wechseln geht nur bis Ende des 1. Halbjahres. Gut überlegen, andere sind vielleicht auch nicht besser. Man muss definitiv sich an den Stil der Seminarleitung anpassen, was schwierig wird, wenn in Jedem Seminar ein ganz anderer Stil gefahren wird.


Das Gehalt ist definitiv nicht das, was in den Medien breit getragen wird.Ich bekomme während der 18 Monate Ausbildung ein Gehalt von E11 Stufe 1. Da ich mittlerweile nicht mehr die vollen 19 Stunden mache ist es entsprechend weniger.  Gerade kam aber von der GEW die Nachricht, dass die Gehälter der Grundschullehrer zum Schuljahr 2017/18 an das Gehalt der Oberschullehrer angeglichen werden soll. Das ist definitiv eine schöne Nachricht.

Zum Thema Gewerkschaft: Ich finde es macht Sinn einer Beizutreten. Ich bin bei der GEW. 
Man wird deutlich besser auf dem neuesten Stand gehalten und kann mit seltsamen Briefen, die da teilweise von Senat geschickt werden auch etwas anfangen. Wohingegen die Leute, die nicht in der GEW sind diesbezüglich verwirrt dastehen. Man hat eine Schlüsselversicherung und Rechtshilfeanspruch, wenn denn mal was in der Schule schief geht )3x auf Holz klopf). Man bekommt Hilfe falls nötig und viele Informationen.

Zur Arbeitsmenge:
Es ist nicht zu empfehlen volle 19 Stunden zu machen und für Menschen mit Kindern ist tatsächlich einstimmige Empfehlung alles zu reduzieren was geht und wenn es geht sogar das Referendariat in Teilzeit zu machen. Da verdient man zwar erst mal nix, aber ich kann wirklich nur sagen, dass es bei uns kaum noch Quereinsteiger gibt, die volle Stunden machen (alle haben entweder geschmissen oder reduziert) und viele stehen trotz der Reduzierung konstant kurz vor dem aus.
Ich habe mit 19 Stunden angefangen und mittlerweile auf 15 Stunden reduziert. Das ist immer noch sehr anstrengend, aber für mich machbar. 
      Es kommt auch ganz stark darauf an, wie man von der Schule eingesetzt wird. Ich habe eine Matheklasse und eine NaWi-Klasse ganz alleine. Das war zwar anfangs etwas beängstigend, aber ich muss sagen, ich bin mittlerweile froh darüber. Erstens lernt man seine Klassen deutlich besser kennen und die akzeptieren einen als vollständige Lehrkraft und zweitens kann man viel besser seinen eigenen Stil entwickeln. Viele aus meinem Hauptseminar sind "doppeltgesteckt" mit anderen Lehrern, dass heißt sie sind meist zu zweit in ihren Klassen mit einer erfahrenen Lehrkraft. Entsprechend ist es sehr schwer selber zu lernen, wie man die Ruhe in die Klasse bekommt und wie man seinen Unterricht gestalte möchte (die alteingesessenen Lehrer haben genaue Vorstellungen...).
     Man kann auch viel für Vertretungen benutzt werden, was schwierig ist, da man in unbekannte Klassen kommt und jede Klasse ist anders. Die Rituale der Klassenlehrer sind anders, die Kinder sind anders und man weiß häufig nicht, wo die Klasse im Stoff steht. Das ist auch sehr anstrengend.
     Immer wieder wenn ein neues Themengebiet drankommt ist man am schwimmen. Die Dauer verkürzt sich allerdings, da man schnell eine Vorbereitungsroutine bekommt.

Es macht wirklich Spaß, wenn es gut läuft (und bei mir läuft es vergleichsweise gut, ich habe aber auch das große Glück nicht an einer Brennpunktschule gelandet zu sein – dafür hab ich die beliebten Helikopter-Eltern). Aber es dauert mindestens drei Monate bis es mal gut läuft und man nicht mehr so schwimmt.
Und immer vor den Ferien, Feiertagen, Wochenenden oder auch mal nur so drehen die Kleinen am Rad und man geht auf dem Zahnfleisch. Es ist auch definitiv so, dass man mindestens 60 h die Woche arbeitet, weil man konstant mit Vorbereiten, Korrigieren etc. beschäftigt ist.

Bezüglich der Eltern muss man definitiv lernen Dinge nicht persönlich zu nehmen. Ich kann das noch nicht und jedes Mal wenn ein Eltern Kontakt sucht, krieg ich üblen Stress. Ich muss aber gestehen, bisher waren die Eltern weniger "schlimm", als ich es mir ausgemalt habe. Aber leider sind es meistens auch Dinge, die man besser kurz telefonisch klären könnte. Zum Beispiel: Hausaufgaben sind Aufgaben die zu Hause gemacht werden, alles andere wird in der Schule gemacht. Wenn ein Kind nach Hause kommt und einen Riesenberg Arbeit mitbringt, wäre es schlau einfach mal bei der Lehrkraft nachzufragen. Besonders wenn die sonst kaum Hausaufgaben aufgibt... 

Es wird sicherlich leichter, je länger man dabei ist und besonders wenn das Referendariat vorbei ist und man nicht alle 1,5 Wochen einen Unterrichtsbesuch hat, für den man extremen Aufwand betreiben muss.
Jetzt kommen noch die Prüfungen dazu. Also Lehrer werden ist nicht leicht. Und laut Kollegium Lehrersein auch nicht unbedingt.

Ach ja: Kollegium und Schulleitung sind übrigens mega-wichtig. Wenn die nicht nett sind, wirst du zu kämpfen haben und als Quereinsteiger bis du ja an der Schule fest angestellt. Wenn du also eine Schule bekommen solltest, auf JEDEN Fall fragen, ob du vorher schon hospitieren kannst (erstens, um schon einen Eindruck vom Unterricht zu bekommen und zweitens von der Schule). Ganz ehrlich, wenn das Kollegium unschön ist (eine Quereinsteigerin muss Termine mit anderen Lehrern per Email abmachen, nur um kurz eine Frage zu stellen...) oder die Schulleitung nicht mit einem Klarkommt (ein Quereinsteiger bekommt immer gesagt: wozu hab ich sie denn eingestellt, dass müssen sie können...) wird einem das Leben noch zusätzlich schwer. Und das braucht definitiv niemand.

Zweifel kommen einem übrigens immer wieder. Lehrersein ist erstens ganz anders als ich es mir vorgestellt habe und zweitens gibt es immer wieder Zeiten, in denen man die Kleinen nicht im Griff hat oder sich Eltern melden oder etwas was man sich toll vorgestellt hat überhaupt nicht klappt. Und dann kommt bei mir immer der Gedanke, ob ich mir wirklich vorstellen kann, dass ein Leben lang zu machen. Der Job ist undankbar. Muss ich ganz deutlich sagen. Und jeder Lehrer, der nach 10 Jahren noch nicht Routine macht hat meinen höchsten Respekt!

So. Morgen fangen die Präsenztage an und dann bald die Schule, da muss noch einiges getan werden...

Ach und bei Fragen, gerne stellen. Es ist zeitlich leichter mal eben Fragen zu beantworten...
 


9 Kommentare:

  1. Hey, toller Blog, er hat mir schon sehr geholfen. Gibt es eine Möglichkeit dir eine persönliche Nachricht zu schreiben?
    Lieber Gruß

    AntwortenLöschen
  2. Hallo,
    gab es denn sowas wie eine Einführungsphase? Oder bist du am ersten Arbeitstag gleich deiner Mathe- und NaWi-Klasse zugewiesen wurden? Gibt es einen detaillierten Lehrplan, sodass du weisst, was du unterrichten musst? Musst du Deutsch und Mathe noch nach studieren?

    Vielen Dank :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Nach den Sommerferien gehts in den meisten Schulen nicht sofort los. Da ist noch viel Organisation etc. Aber prinzipiell wirst du direkt eingesetzt. Die Rahemnlehrpläne sagen dir was du unterrichten musst. Deine Kollegen stellen dir vielleicht ihre Stoffverlaufspläne zur Verfügung.
      Ansonsten erste Stunde Kinder kennenlernen. Dann langsam herausfinden was schon an Wissen vorhanden ist. Wiederholen von Stoff aus der vorhergehenden Klasse. Wichtig ist Kontakt zu Kollegen, die die Klasse vorher unterrichtet haben. Welche Bücher etc...
      Es ist definitiv ein Sprung ins kalte Wasser. Und definitiv nicht leicht.
      Viel Erfolg!

      Löschen
  3. Huhu, tolle Info's, Dankeschön ;-)!
    Sag mal, ich habe auch vor den Quereinstieg zu wagen und habe Mathe als einziges Fach. Da ich an einer Grundschule unterrichten möchte kommt jetzt meine Frage: muss ich dann berufsbegleitend Deutsch und/oder NaWi studieren? Und wie läuft das ab? Beginnt das Referendariat nachdem ich eines bzw. beide abgeschlossen habe oder studiere ich das im Ref nebenbei? Ich habe mal gehört, dass die berufsbegleitenden Studien 1x wöchentlich statt finden?
    Danke Dir für Deine Hilfe ;-)!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Um ehrlich z sein, das mit dem Nachstudieren hab ich nicht wirklich verstanden. Einige müssen nachstudieren, andere nicht. Ich hab im NaWi-Seminar 2 neue Quereinsteigerinnen. Beide Bio studiert, die eine spricht fließend deutsch und muss Deutsch nachstudieren, die andere gebrochen Deutsch und muss es nicht nachstudieren...

      Die Infos, die ich habe, beruhen auf Hörensagen:
      Du besuchst während des Nachstudiums das Seminar, wo du das Fach nicht nachstudierst. Wenn du fertig nachstudiert hast, fängt das Ref an. Vor Beginn des Refs ist die Bezahlung E9 Stufe 1, danach E11 (Stufenzuordnung - weiß nicht, wie das gezählt wird). Ich weiß nicht, wie das Nachstudium funktioniert, aber ich habe noch nicht gehört, dass jemand etwas anderes als Mathe und Deutsch nachstudiert. Also ob NaWi nachstudiert werden kann, weiß ich nicht.
      Das Grundschullehrerstudium schreibt aber eigentlich 3 Fächer vor. Wobei bei mir im Hauptseminar Leute mit Sprachen, Musik oder Sport bei waren, die nur zwei Fächer hatten.
      Ist alles sehr verwirrend.

      Ich habe aber jetzt gehört, das in Bremen der Quereinstieg besser organisiert ist. Quereinsteiger haben weniger Stunden in der Schule und mehr im Seminar. Was absolut Sinn macht. Wenn du mobil bist, vielleicht auch da mal erkundigen. Plus die Verbeamten auch noch ;-)

      Löschen
  4. Vielen Dank für Deinen Einblick zum Quereinstieg :)

    Ich hätte mal eine Frage: ich habe Biologie studiert und komme auf die geforderten Nachweise (SWS bzw. ECTS) für Biologie und Chemie. Gilt denn Chemie an der Grundschule als zweites Fach ? Die beiden Fächer werden ja eigentlich als NaWi zusammengefasst.

    Vielen Dank schonmal im Voraus :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Bio, Chemie und Physik ergeben in der Grundschule das Fach Naturwissenschaften, Soweit ich weiß immer ein Mangelfach. Zählt also nur als ein Fach. Musst mal sehen, ob du genug Mathe hattest. Oder irgendwie ein anderes Fach nachweisen kannst. Letztendlich ist für mich aber nicht durchsichtig was angerechnet wird und was nicht. Da immer noch ein unglaublicher Mangel an Grundschullehrern in Berlin besteht, denke ich wirst du definitiv in Betracht kommen. Deutsch müssen glaube ich jetzt fast alle nach studieren. Mehr weiß ich aber auch nicht.

      Löschen
  5. Ich bin sehr froh, diesen Blog gefunden zu haben. Man findet so wenig Erfahrungsberichte, also vielen Dank!
    Musstest Du denn auch Deutsch nachstudieren? Und was ist mit Mathe? Reichten deine Kenntnisse aus dem Biotechnologiestudium für die erforderlichen Leistungspunkte als Mathelehrer in der Grundschule aus?
    Das Verfahren scheint ja etwas undurchsichtig zu sein und man muss Glück haben, wer der Sachbearbeiter ist, klingt jedenfalls so:-)
    Habe einen Master in Biologie und fürchte meine Leistungspunkte reichen nicht für ein Zweitfach, obwohl ich einige Leistungen in Mathe, Physik und auch Chemie erbringen musste. Deutsch fehlt dann natürlich auch...:-)

    Vielen Dank!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Werde das im nächsten Blog-Post nochmal versuchen zu klären, da dazu viele Fragen kommen.

      Löschen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (Link einfügen) und in der Datenschutzerklärung von Google.