1. Nicht alles was man im Seminar lernt wird auch so in der Schule angewendet. Macht euch nicht unbeliebt und diskutiert, sondern passt euch an - im Seminar freundlich lächeln und in der Schule es so handhaben wie dort üblich. Da ihr festangestellt seid, könnt ihr nach dem Ref immer noch Verbesserungsvorschläge versuchen durchzukämpfen. Momentan werdet ihr da in den meisten Fällen nicht auf offene Ohren stoßen.
2. Apropos anpassen: Die Seminare werden von unterschiedlichen Menschen geführt. Trotz jedweder Beteuerung, das ihr euren eigenen Stil entwickeln sollt, sagt meine Erfahrung ganz, ganz deutlich: NEIN! Die Leute, die das versucht haben sind bei fast allen Seminarleitern damit auf die Nase gefallen. Jeder Seminarleiter hat seine eigenen Vorstellungen, wie ein Unterrichtsentwurf auszusehen hat, welche und wie viele Phasen wie lange dauern müssen, ob die Kinder kreativ frei laufen sollen oder lieber geordnet und leise. Macht euch wirklich das Leben leicht und versucht nicht gegen das eingefahrene System zu kämpfen. Ihr werdet relativ schnell den Stil des jeweiligen Seminarleiter kennenlernen. Interessanterweise leben alle (Haupt- und Fachseminarleiter) - die ich kennengelernt habe, oder von denen ich gehört habe - nicht das was sie predigen: Transparenz, Freiraum zur Entwicklung, allen die gleichen Chancen geben, das Individuum durch Differenzierung in Wertung und Aufgabe fördern etc. Alle wollten sie ihr Schema F und wenn jemand dagegen argumentiert hat sind sie zickig geworden und derjenige hatte danach Schwierigkeiten mit den Seminarleitern. Ich habe es mehrfach miterlebt. Lieber für die 1,5 Jahre den Kopf einziehen, man hat es schon schwer genug...
3. Ihr müsst eure Prüfung in 2 Fächern von den 3 Fächern machen. Ihr dürft wählen in welchen und könnt das noch bis kurz vor der Prüfung entscheiden. Ein Fach wird in den Klassenstufen 1-3 geprüft und das zweite Fach in 4-6. Das ist ein Muss. Entsprechend solltet ihr schon von Anfang an Erfahrung in den Klassenstufen sammeln, denn es gibt deutliche Unterschiede im Umgang mit den Kindern in den Altersklassen.
4. Stundenplan: versucht schon möglichst viel eigenständigen Unterricht zu führen. Ja es ist schwer am Anfang, aber die Erfahrung ist Gold wert in der Prüfung!
5. Stundenplan: Es gibt Stunden, die mit I oder T gekennzeichnet sind. T sind Teilungsstunden, da kann der Fachlehrer bei dem ihr eingeteilt seid entweder die Klasse trennen und euch die Hälfte mitschicken oder ihr seid zu zweit etc. I Stunden sind sogenannte Intergrationsstunden, die sind für Kinder mit Förderstatus. Da wird diesen Kindern jemand zur Seite gestellt, der Ihnen helfen soll.
Leider haben an meiner Schule - und bei anderen Bekannten von mir an den Schulen - diese Stunden zu 80 - 90% nicht stattgefunden. Da dies sogenannte Doppelsteckungen sind (2 Lehrer pro Klasse) werden die Stunden gerne für Vertretungen in anderen Klassen genutzt in denen jemand fehlt.
Leider erscheint das auf den Statistiken für durchgeführten Unterricht nicht, wodurch es erscheint, als wäre der Unterricht gut abgedeckt. Das durch das Fehlen dieser Stunden besonders die Kinder mit Förderstatus oder Problemen beim Lernen wirklich unglaublich viel Hilfe verlieren und entsprechend noch stärker im Vergleich zurückbleiben wird nicht gewertet.
6. Noch zu T/I-Stunden: wenn ihr da ständig vertreten müsst, solltet ihr darauf achten, dass ihr genug Zeit in den Klassen und Fächern verbringt in denen ihr geprüft werden könntet. Ich hatte zum Beispiel eine Stunde in den unteren Klassen im Fach Deutsch und die fiel häufig durch Vertretungen weg. Entsprechend konnte ich nicht gut mit der Klasse umgehen und hatte keine Erfahrung in dem Fach zu unterrichten...
7. Ihr habt einen Angestellten-Tag pro Jahr. Den dürft ihr theoretisch frei wählen aber ihr müsst das mit der Schulleitung absprechen.
8. Fragt Fragen. Ihr werdet ganz schnell herausfinden, wen man fragen kann und wen nicht.
9. Lehrer bemitleiden sich selbst unglaublich gerne, aber sehr ungerne bemitleiden sie andere. Bekommt ihr eine schwierige Klasse und teilt dies Kollegen mit, werdet ihr häufig die Antworten: "So schlimm sind sie nicht...", "Meine sind auch schlimm...", "Ich habe keine Probleme mit denen..." etc. hören. Glaubt mir, wenn dieselben Lehrer in die entsprechende Klasse gehen, würden sie das auch nicht erfreulich finden.
10. Im Kollegium wird gelästert und nicht alles stimmt so wie es erzählt wird... Macht euch immer ein eigenes Bild.
11. Rechtlich gesehen, darf die Schule euch bis zu 3 Unterrichtsstunden im Monat unbezahlt als Vertretung heranziehen. Allerdings gilt für Angestellte: "Im Unterschied zu den teilzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten müssen angestellte Lehrkräfte in Teilzeitbeschäftigung keine unbezahlte Mehrarbeit leisten, solange Ihr Beschäftigungsumfang im jeweiligen Kalendermonat – einschließlich der Mehrarbeit - die Vollbeschäftigung nicht überschreitet." Wer also nur 2 Stunden reduziert hat, darf auch als Angestellter nur 2 Stunden unbezahlt eingesetzt werden.
12. Es wird viel Mehrarbeit auf euch zukommen (unter anderen auch am Wochenende): Konferenzen, Versammlungen, Feste, Elternkontakte etc. Leider wird das erwartet und soweit ich weiß ist das auch verpflichtend...
13. Wer Teilzeit arbeitet und auf eine Klassenfahrt mitfährt (das ist übrigens freiwillig und keiner kann euch rechtlich zwingen mitzufahren), sollte bei der Schulleitung nachfragen, wie das mit der Bezahlung ist. Teilzeitkräfte können während der Klassenfahrt als Vollzeitkräfte bezahlt werden...
14. Pausenaufsichten: Muss jeder machen. bei uns machen Teilzeitkräfte und Referendare weniger als Vollzeitkräfte. Fragt nach.
15. Leider seid ihr als Quereinsteiger vollangestellt und habt entsprechend keine Ansprüche auf bestimmte Dinge, die die "echten" Referendare haben (Vertretungen, Einsätze als Klassenlehrer etc.)
Aber fragt bei bestimmten Dingen euren Schulleiter oder die GEW.
16. Apropos GEW, ihr solltet euch ganz dringend einer Gewerkschaft anschließen. Das macht schon rein von der Gehaltspolitik des Senats Sinn, denn der macht zum Teil ziemlich miese Dinge weil er kann. In der GEW Mitgliedschaft ist eine Rechtsberatung für berufliche Dinge enthalten.
Mehr fällt mir spontan nicht ein, aber wenn ihr Fragen habt, bitte gerne schicken, dann kann ich das ergänzen!